02 Dez

Begegnung

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Claudia Nogowski ist Mitglied unseres Sprachunterrichts-Teams. Sie erzählt von ihrem ersten Treffen mit der afghanischen Familie, der sie seit diesem Tag Deutschunterricht gibt. Claudia ist weder Lehrerin noch Sozialpädagogin und ist deshalb sehr nervös. Doch dann kommt alles ganz anders … Wie verabredet, hole ich die Familie um 10 Uhr mit dem Auto von zu Hause ab. Ich werde von den Eltern strahlend begrüßt. Eine andere Helferin hat netter Weise schon am Vortag mit Hilfe eines Dolmetschers angekündigt, dass ich mit ihnen gemeinsam nach Hamburg fahren werde und wir dort ebenfalls einen Dolmetscher treffen, um Grundsätzliches zu klären und Fragen sowohl ihrer- als auch meinerseits zu beantworten. (Verflucht – bin ich nervös).

Wir fahren los und um gar nicht erst peinliche Stille aufkommen zu lassen, beginne ich mit dem Deutschunterricht: „Auto, Autos, ein Auto, mehrere Autos, Straße, usw…“  Ich animiere sie, mir nachzusprechen. Sie tun es – und zwar sehr gut. Das Eis ist gebrochen. Beide haben Humor. Puh, erste Erleichterung macht sich bemerkbar. Ich lerne die Vornamen des Vaters, der Mutter und der beiden Söhne. Man beschmunzelt meine Aussprache – na wartet: Ich erinnere an meinen Vornamen: Cl…Clo…Cla..???  Beide zögern. Ich zeige mich, natürlich mit Witz und Humor, sehr empört. Wir lachen alle. In Hamburg angekommen, treffen wir den Inhaber eines afghanischen Bistros. Meine Mutter kauft dort gern ein – so ist der Kontakt überhaupt entstanden.

Wir haben ungefähr zwei Stunden Zeit, da der Vater seinen Sohn von der Schule abholen muss. Ich habe Fragen vorbereitet und bitte den afghanischen Bistrobesitzer, dem Ehepaar zu sagen, dass sie nur die Fragen beantworten sollen, die ihnen angenehm sind. Während des Gesprächs fällt auf, dass die Frau sehr zurückhaltend ist – aber jedes Lächeln, das ich ihr rüberschicke, bekomme ich zurück. Der Vater des Bistrobesitzers, der ebenfalls dort arbeitet, serviert uns Tee und begrüßt die beiden. Wir arbeiten uns durch meinen Fragenkatalog und schwupp ist es 11:15 Uhr. Wir müssen los. Aber man lässt uns nicht gehen, sondern besteht darauf, dass das Ehepaar noch Leckereien aus der Bistroküche mitnimmt. Sie zögern, aber mein wildes Gestikulieren, womit ich ihnen sagen möchte: „Ja, ihr müsst das annehmen. Das ist lecker!“ überzeugt sie schließlich und wir warten. Während in der Küche gezaubert wird, unterhält sich der Rest der Gastronomenfamilie mit meinem Schülerpaar. Ich hab’ das Gefühl, dass ihnen der kurze Austausch gut tut.

Auf der Rückfahrt wird der Deutschunterricht fortgesetzt. Wir wiederholen und lernen neue Vokabeln. Da es mittlerweile schon ziemlich spät ist, erleichtert mein Fahrstil, die Wörter „schnell“ und „langsam“ zu erklären. An der Schule gabeln wir den zauberhaften Sohn auf. Ich stelle mich vor und bekomme eine fast akzentfreie Vorstellung zurück. Ich bin beeindruckt und zeige meine Begeisterung. Wir fahren nach Hause. Auf dem Rückweg lernen wir weiter. Eine Kuh auf der Wiese veranlasst mich zu muhen und das Wort „Kuh“ sitzt schnell. Ich führe die Tierpalette fort und belle und miaue mich nach Ellerbek und setze das Ehepaar schließlich zu Hause ab. Ich verabschiede mich und merke, dass ich nicht die Einzige bin, die sich auf den zukünftigen Unterricht freut.

Foto © Qorilla